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Online-Kongress zum Thema Materialknappheit

Materialknappheit, Lieferengpässe und dramatische Preiserhöhungen

Online-Kongress zum Thema „Materialknappheit und Materialpreise“ findet über 200 interessierte Teilnehmer

Am 20. Mai 2021 fand der vom Landesinnungsverband organisierte Kongress mit über 200 Teilnehmern und ausgesuchten Experten aus dem Elektrohandwerk statt.

Hans Auracher begrüßte zu Beginn des Kongresses mehr als 200 Teilnehmer und überließ danach die Moderation Herrn Ulrich C. Heckner, der die Experten Andreas Stöcklhuber, Chefredakteur der Zeitschrift „de“, Harald Horst, Product Marketing Director der ABB und Rechtsanwalt Wolfgang Junghenn von der HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München vorstellte.

 
v.l.n.r: Andreas Stöcklhuber, Chefredakteur >de<; Harald Horst, Product Marketing Director Smart Buildings der ABB; Wolfgang Junghenn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht; Ulrich C. Heckner, Moderator des Kongresses

Fast 1/4 der Handwerksbetriebe von Materialknappheit betroffen

Andreas Stöcklhuber machte deutlich, welche Verwerfungen sich im Markt ergeben. Auf die Frage, ob die Beschaffung vom Material Schwierigkeiten bereitet, zeigt die folgende Grafik, dass in letzter Zeit viele Handwerksbetriebe mit dem Thema Materialversorgung und Materialknappheit konfrontiert sind.

 

Die Auftragsvorläufe von Unternehmen des Elektrohandwerks sind nach wie vor auf hohem Niveau

In den ERFA-Gruppen des Landesinnungsverbandes und aus anderen deutschen Regionen wird berichtet, dass der Auftragsvorlauf im Frühjahr 2021 auf einem ähnlichen Niveau ist, wie im Frühjahr 2020. Die Konjunktur im Elektrohandwerk brummt nach wie vor. Aber die Betriebe sehen dunkle Wolken am Horizont aufziehen. Es handelt sich um eine doppelte Problematik:

  • Preiserhöhungen sind bei Bauverträgen in der Regel, so Rechtsanwalt Wolfgang Junghenn, kaum durchsetzbar, wenn keine Vereinbarungen bestehen.

  • Die Materialverfügbarkeit ist bei manchen Produkten nicht gegeben. Zwar berichtete Harald Horst, der Product Marketing Director der ABB, dass Unternehmen, die in Europa produzieren, in der Regel lieferfähig sind, auch, wenn dort deutliche Materialpreiserhöhungen in den unterschiedlichsten Segmenten vermeldet werden. In bestimmten Bereichen speziellen Materials überall dort, wo Chips verbaut werden, wird nach den Einschätzungen von Harald Horst die Materialknappheit noch weit in das Jahr 2022 hinein dauern.

  • Rechtsanwalt Junghenn macht deutlich, wenn Materialpreisanpassungen nicht rechtsverbindlich vereinbart wurden, die Preiserhöhung bei laufenden Projekten wohl kaum durchsetzbar sei. Einzige Ausnahme: Es könnte möglich sein, die Pandemie als höhere Gewalt einzustufen aber nicht dann, wenn die Aufträge im Jahr 2019 erteilt wurden.

  • Grundsätzlich sind die Marktchancen im Elektrohandwerk ungebrochen. Harald Horst zeigte in der Grafik auf der rechten Seite, dass der Boom im Wohnungsbau ungebrochen ist und dass auch die Konjunktur im Bereich Gewerbebau weiterhin stabil ist.

  • Gleichzeitig wies Harald Horst auf zusätzliche Chancen und Perspektiven für das Bauhandwerk insgesamt hin. Ab dem 01.07.2021 wird es neue Fördermaßnahmen im Zuge des Klimaschutzes geben. Speziell für das Elektrohandwerk besteht die Möglichkeit, sämtliche Digitalisierungsmaßnahmen zur Energieverbrauchsoptimierung in einem Gebäude bezuschussen zu lassen. So berichten bayerische Elektrohandwerksunternehmen, die zukünftige Investitionen planen, von der Möglichkeit, die Baukosten ihrer Betriebsimmobilie um bis zu 50 % bezuschussen zu lassen.

Die Teilnehmer der Veranstaltung erhielten umfangreiches Datenmaterial von allen Experten mit konkreten Informationen und Hilfestellungen, um diese auch einem breiteren Mitarbeiterkreis zur Verfügung stellen zu können.

Auch in Zukunft wird der Landesinnungsverband seinen Mitgliedern in einem ähnlichen Format weitere Informationen zur Überlebensstrategie in schwierigen Zeiten anbieten.

 

ZVEH schlägt der Politik Maßnahmen vor

Nachdem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Mitte Mai zu einem „Runden Tisch von Handwerk, Bau- und Holzwirtschaft“ eingeladen hatte, nahm ZVEH-Präsident Lothar Hellmann, der zu den Teilnehmern des Verbändegesprächs gehörte und die Misere für die elektrohandwerkliche Organisation dort sehr klar auf den Punkt gebracht hatte, in einem Brief an den Wirtschaftsminister nochmals Stellung .

Lothar Hellmann machte in seinem Schreiben deutlich, dass die Elektrohandwerke ihre Rolle als Wirtschaftsmotor innerhalb der Corona-Krise zu verlieren drohen.

„Den Unternehmen droht paradoxerweise trotz voller Auftragsbücher und anziehender Nachfrage Unheil. Aufträge können aufgrund der sich verschärfenden Lieferengpässe bei nahezu allen, für uns relevanten Produkten nicht mehr abgearbeitet werden. (…) Es schmerzt mich zu sehen, wie die Elektrohandwerke, die in der Corona-Krise ein wahrer Wirtschaftsmotor waren und die aufgrund ihrer Systemrelevanz trotz der Pandemie weitergearbeitet haben, nun wegen der Lieferengpässe und Preissteigerungen doch noch Gefahr laufen, Kurzarbeit anmelden zu müssen und ihre wirtschaftliche Stabilität zu verlieren“, erklärt ZVEH-Präsident Lothar Hellmann und führt neben den Preissteigerungen bei Chips und Kupfer auch die Knappheit im Bereich Kunststoffe an.

„Es darf nicht sein, dass nun die Handwerksbetriebe die Liefer- und Beschaffungsprobleme sowie die Materialknappheit allein ausbaden müssen“, fasst der ZVEH-Präsident die Probleme der E-Handwerke zusammen und führt noch einmal aus, warum diese Preiserhöhungen nicht einfach an die Kunden weitergeben werden können. Seine Schlussfolgerung an die Adresse des Wirtschaftsministers wie auch an die Politik insgesamt: „Eine politische Flankierung unserer Bemühungen ist unerlässlich!“

Dabei führt Hellmann in seinem Brief auch gleich einen Katalog möglicher Maßnahmen – kurz-, mittel- und langfristige – an. Diese könnten folgendermaßen aussehen:

 

Kurzfristige Maßnahmen:

  • Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis mindestens Ende 2021 als Hilfe für Betriebe, die aufgrund der geschilderten Situation trotz voller Auftragsbücher Kurzarbeit anmelden müssen.
  • Öffentliche Hand als Vorbild: Keine Erhebung von Vertragsstrafen im Bereich öffentlicher Auftraggeber beziehungsweise flexible Vertragsanpassungen.

Mittelfristige Maßnahmen:

  • Prüfung zivilrechtlicher Möglichkeiten, um die Haftungssituation, in der sich elektrohandwerkliche Mitgliedsunternehmen gegenüber ihren privaten Auftraggebern befinden, deutlich zu entschärfen. Hintergrund ist, dass 38 Prozent des Umsatzes elektrohandwerklicher Betriebe mit gewerblichen und industriellen Kunden und etwa 34 Prozent mit Privatkunden erwirtschaftet werden.
  • Bei der Prüfung zivilrechtlicher Optionen sollte auch die gesetzliche Aussetzung von Konventionalstrafen in Erwägung gezogen werden. Zudem soll in den zuständigen Ministerien geprüft werden, inwieweit umfangreichere Preisgleitklauseln oder Klauseln in erleichterter Form zulässig sind (Anpassung des Rechtes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen).

Langfristige Maßnahmen:

  • Es müssen hierzulande – beziehungsweise in Europa – langfristig Strukturen geschaffen werden, die die Abhängigkeit von Zulieferern aus Asien und den USA verringern.

Orientierungshilfe für Betriebe

Um Innungsmitgliedern eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben, wie sie sich vor dem Hintergrund der aktuellen Materialknappheit und Preissteigerungen am besten verhalten und absichern können, hat der ZVEH ein Merkblatt zum Thema „Materialpreissteigerungen“ aufgelegt.

Wenn Sie Interesse an diesem Merkblatt oder Fragen haben, wenden Sie sich bitte an den Landesinnungsverband:

Frau Valentina Neef

Tel.: 089 / 12 55 52-10
Mail: neef@elektroverband-bayern.de

 
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