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FAQ – AFDD auf einen Blick

Brandschutzschalter Spezial

Brandschutzschalter AFDD, Blitze zwischen Händen eines Mannes

Ein Service für die Mitgliedsbetriebe des Landesinnungsverbandes für das Bayerische Elektrohandwerk

Um welche Norm geht es?

Die aktuelle DIN VDE 0100-420 wurde im Oktober 2019 veröffentlicht. Wichtig für das Elektrohandwerk ist der Abschnitt 421.7, der wesentlich überarbeitet wurde und den Schutz vor Auswirkungen von Fehlerlichtbögen, also AFDDs beinhaltet.

 

Was sagt die Norm in der derzeit gültigen Fassung aus?

Die derzeitige VDE-Bestimmung empfiehlt, besondere Maßnahmen zum Schutz gegen die Auswirkung von Fehlerlichtbögen in folgenden Endstromkreisen vorzusehen: 

  • Räumlichkeiten mit Schlafgelegenheiten;
  • Räume oder Orte mit besonderem Brandrisiko – Feuergefährdete Betriebsstätten (nach Musterbauordnung (MBO): Bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang mit oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist); 
  • Räume oder Orte aus Bauteilen mit brennbaren Baustoffen, wenn diese einen geringeren Feuerwiderstand als feuerhemmend aufweisen;
  • Räume oder Orte mit Gefährdungen für unersetzbare Güter.

Die bisherige Einschränkung auf Wechselstromkreise bis max. 16 A ist, wie in der vorgehenden Bestimmung aus 2016 noch aufgeführt, entfallen.

Was bewirkt ein Brandschutzschalter/AFDD?

Eine Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung, ugs. auch Brandschutzschalter oder abgekürzt AFDD schützt dank digitaler Signalverarbeitung die jeweiligen Stromkreise vor seriellen oder parallelen Fehlerlichtbögen. Diese können bereits bei einem geknickten Verlängerungskabel entstehen und zum Beispiel Überhitzungen an schlechten Kontaktstellen verursachen. Ein AFDD schützt nicht nur die elektrotechnische Anlage, sondern auch das angeschlossene Gerät und letztlich das betroffene Gebäude.

Ein AFDD bietet damit in dem geschützten Endstromkreis einen Mehrfachschutz, wie er in herkömmlicher, analoger Technik bisher nicht möglich war.

Wo liegt die Schwierigkeit?

Gemäß DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2019-10; 421.7 ist bereits in der Planungsphase zur Erkennung von besonderen [deutlich vom Normalen abweichende] Risiken durch die Auswirkung von Fehlerlichtbögen ein Risiko- und Sicherheitsbeurteilung durchzuführen. Ergibt die Risiko- und Sicherheitsbeurteilung, dass besondere Risiken durch Fehlerlichtbögen vorliegen, sollen anlagentechnische, bauliche oder organisatorische Maßnahmen ergriffen werden. Ein großer Diskussionspunkt ist, ob Elektrofachbetriebe überhaupt eine Sicherheits- und Risikobewertung durchführen sollen. Viele Marktteilnehmer haben dies befürwortet, der Landesinnungsverband für das Bayerische Elektrohandwerk sieht diese Überlegung als nicht praxisgerecht an.

Hinweis: Der Einsatz von AFDDs stellt laut Normenabschnitt 421.7 eine mögliche anlagentechnische Maßnahme dar. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass dies unter Umständen keine vollumfängliche Maßnahme darstellen kann, da für Stromkreise über 20 A und Drehstromkreise derzeit keine AFDDs zur Verfügung stehen.

Gilt die Norm nur für den gewerblichen Bereich?

Die Norm betrifft Privatbauten, Gewerbeobjekte und Öffentliche Einrichtungen.

Ist die Risikobeurteilung durch den Elektrofachbetrieb vorgeschrieben?

Nein, denn wie und durch wen diese Risiko- und Sicherheitsbeurteilung durchgeführt werden soll, wird in der Norm nicht näher beschrieben oder gefordert.

Ist eine Risikobewertung durch einen Elektrofachbetrieb sinnvoll?

Der Landesinnungsverband für das Bayerische Elektrohandwerk rät aktuell nachdrücklich von der Durchführung einer Risiko- und Sicherheitsbeurteilung durch das Elektrohandwerk ab. Das Elektrohandwerk ist für die brandschutztechnische Beurteilung von Gebäudeteilen nicht ausgebildet und Schäden, die sich aus Beurteilungsfehlern hinsichtlich des Brandschutzes ergeben könnten, sind in der Regel auch nicht versichert. Eine Ausnahme stellen lediglich Personen dar, die über die entsprechende Ausbildung verfügen und diese nachweisen können.

Muss ein Elektrofachbetrieb der Aufforderung zur Durchführung einer Risikobewertung nachkommen?

Nein, weil unsere Mitgliedsbetriebe für diese Risikobeurteilung weder ausgebildet und in den überwiegenden Fällen auch nicht versichert sind.

Welche Personengruppen sollten eine Risikobewertung durchführen?

Eine baurechtlich anerkannte Person, ein Architekt, ein Brandschutzgutachter, auf jeden Fall jemand, der die dazu notwendige Ausbildung erhalten hat und das auch nachweisen kann. Diese Personen verfügen im Regelfall dann auch über die dazu notwendige Vermögensschadenhaftpflicht, die im Haftungsfall greift.

 

Wie sieht es mit Risikobewertungen bei Großbaustellen aus?

Diese stellen im Regelfall kein Problem dar, da bei großen Bauprojekten im Regelfall ein Brandschutzgutachter mit eingebunden ist, der das Thema abdeckt.

Wie könnte eine geeignete Strategie beim Kunden aussehen?

Bis zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes empfehlen wir Ihnen bis auf weiteres daher folgende Vorgehensweise:

  1. Sofern sinnvoll proaktiv den Einbau eines AFDD empfehlen. Nutzen sie dazu das Muster-Anschreiben des Elektroverbandes Bayern
  2. Schriftlicher Hinweis an Ihren Auftraggeber (Bauherren) bzgl. der normativen Empfehlung von AFDDs
  3. Prüfung durch den Auftraggeber ob besondere Risiken nach 421.7 vorliegen und ob besondere Maßnahmen getroffen werden müssen
  4. Nur der Auftraggeber kann über bauliche, organisatorische und / oder anlagentechnische Maßnahmen befinden und diese entsprechend bei den jeweiligen Gewerken beauftragen
  5. Wenn sich der Auftraggeber für AFDDs als anlagentechnische Maßnahme entscheidet, muss der Einbau und die Prüfung nach Herstellervorgaben erfolgen.
  6. Lassen Sie sich die Kundenentscheidung schriftlich (nach Möglichkeit inkl. der Risiko- und Sicherheitsbeurteilung) aushändigen
  7. Bewahren Sie diese länger als die üblichen 10 Jahre auf

Wie verhalte ich mich, wenn eine Risikobewertung vorliegt?

Die Risikobewertung bestimmt das weitere Vorgehen für die Umsetzung. Wenn die Bewertung zum Ergebnis kommt, dass kein Risiko vorliegt, dann kann der Einbau eines AFDD entfallen. Wenn ein Risiko vorliegt, dann muss der Betrieb die entsprechende Maßnahme umsetzen, sofern diese in den elektrotechnischen Bereich fällt (es sind auch andere Maßnahmen denkbar). Eine dieser Maßnahmen - und das ist die vom Elektrohandwerk bevorzugte - ist der Einbau eines AFDD.

In welchen Gebäuden kann ein AFDD eingesetzt werden?

Ein AFDD eignet sich für Neuanlagen, Sanierungen und Erweiterungen.

Im Internet werden Unterlagen bzw. Praxishilfen zum Download angeboten. Soll ich diese verwenden?

Diese sind als Hilfe und Leitfaden für Bauherren und nicht für Elektrohandwerksbetriebe gedacht.

Darf ich auch ohne Risikobeurteilung den Einbau eines AFDD empfehlen? Wie sieht meine Argumentationskette aus?

Der Einsatz eines AFDD darf jederzeit empfohlen werden, so wie es auch bei einem Fehlerstromschutzschalter der Fall ist. Der AFDD ist eine anlagentechnische Maßnahme bei besonderen Risiken. Wenn der Kunde sich gegen den Einsatz eines AFDD entscheidet, ist eine Aufklärung des Kunden erforderlich.

Darf ein AFDD im Rahmen eines E-CHECK empfohlen werden?

Ja. Insbesondere, wenn sich bei der Überprüfung herausstellt, dass der Einsatz sinnvoll wäre.

Ist die Norm, wie oft dargestellt, mittlerweile „Anerkannte Regel der Technik“?

Der bezeichnete Normenabschnitt wird durch die oben erwähnten Verbände in der Pressemitteilung als anerkannte Regel der Technik bezeichnet. Dies widerspricht herrschender Rechtsprechung, es muss darauf hingewiesen werden, dass eine einseitige Pressemitteilung grundsätzlich eine Norm nicht zur anerkannten Regel der Technik werden lässt, die dann verpflichtend anzuwenden wäre. So fordert z. B. der VdS in seiner Richtlinie 2033 – Elektrische Anlagen in feuergefährdeten Betriebsstätten und diesen gleichzustellende Risiken vom November 2019 gerade nicht zwingend den Einsatz von AFDDs in feuergefährdeten Betriebsstätten.

Wann wird es eine eindeutige Regelung bezüglich der Risikobewertung geben?

Der Landesinnungsverband für das Bayerische Elektrohandwerk geht davon aus, dass die Norm überarbeitet und eine neue Fassung veröffentlicht wird. Bis dahin können aber noch Jahre ins Land gehen. Bis dahin empfehlen wir, sich an unsere Leitlinien zu halten. Wir halten unsere Mitglieder hierüber auf dem Laufenden.

 
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