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E-Handwerke mit stabilem Geschäftsklima

Wachstumsmärkte im Visier

   
 

Mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine erlebt die Welt eine Zeitenwende, die daraus resultierende Energiekrise und die zunehmende Inflation sorgen derzeit für eher pessimistische Konjunkturerwartungen. Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse der Herbst-Konjunkturumfrage, die unser Bundesverband (ZVEH) im September durchgeführt hat und an der rund 1.200 elektrohandwerkliche Betriebe (davon 205 Betriebe aus Bayern) teilnahmen.

Geschäftsklimaindex bei fast 80 Punkten

So gaben immerhin 64,5 Prozent der Betriebe an, über ein gutes Geschäftsklima zu verfügen. Das sind zwar weniger als noch im Frühjahr 2022 (71,3 %) – allerdings erfolgte die Umfrage damals noch vor Ausbruch des Krieges.

Vor diesem Hintergrund fällt der Rückgang vergleichsweise gering aus. Der Geschäftsklimaindex bleibt daher mit 79,5 Punkten weiter hoch (Frühjahr 2022: 83,9).

Ein Grund für die positive Einschätzung der Umfrageteilnehmer ist unter anderem die Entwicklung der Auftragsbestände. Diese stiegen in den letzten Monaten weiter an.

So verfügen 62,5 Prozent der befragten bayerischen E-Unternehmen über Aufträge für mehr als zwei Monate; bei 38,5 Prozent von ihnen sind die Auftragsbücher sogar für mehr als vier Monate im Voraus gefüllt.

Die Entwicklung lässt sich unter anderem mit der steigenden Nachfrage nach Leistungen im Bereich der Erneuerbaren Energie erklären. Denn seit Antritt der neuen Regierung und mit dem Ukraine-Krieg wurde das Tempo in Sache Energiewende und Dekarbonisierung deutlich erhöht: Photovoltaik-Anlagen (PV), Wärmepumpen oder auch Speichertechnologien erleben durch die in Folge des Krieges rasant steigenden Energiepreise einen Nachfrage-Boom.

 

Kehrseite der Auftragszuwächse

Doch die Auftragszuwächse haben auch eine Kehrseite: Viele Betriebe können Aufträge aufgrund fehlenden Materials (Lieferengpässe) nicht so schnell abarbeiten wie gewünscht. Auch fehlt es vielerorts an Mitarbeitern.

Den zunehmenden Fachkräftemangel belegt auch die aktuelle Konjunkturumfrage: So meldeten im September 2022 insgesamt 62,6 Prozent der bayerischen Betriebe offene Stellen. Gegenüber dem Frühjahr 2022 (69,3 %) ging der Anteil der Unternehmen mit unbesetzten Stellen damit zwar zurück aber im Vergleich zum Herbst 2021 stieg der Anteil der Unternehmen mit offenen Stellen sogar um zehn Prozentpunkte. Ein klares Indiz dafür, dass in der Branche deutlich mehr Fachkräfte benötigt werden, als am Markt vorhanden sind.

Unsicherheit dämpft zukünftige Erwartungen

Trotz aktuell guter Wirtschaftssituation, voller Auftragsbücher und positiver Zukunftsaussichten aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung zeigen sich die befragten E-Unternehmen beim Blick Richtung Zukunft deutlich verhaltener. Hier spielen sicherlich auch die Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklungen im Ukraine-Krieg, die in allen Lebensbereichen steigenden Preise wie auch die Angst vor einer Energiekrise eine wichtige Rolle. Daher wundert es wenig, dass trotz weiterhin hoher Nachfrage nach elektrohandwerklichen Leistungen nur noch 14,5 Prozent der bayerischen Umfrage-Teilnehmer von einer Verbesserung ihrer Geschäftssituation ausgehen (Frühjahr 2022: 24,9 %). Immerhin 57 Prozent erwarten, dass sich wenig daran ändert (Frühjahr 2022: 58,9 %). Mit 28,5 Prozent gehen nun allerdings fast doppelt so viele Betriebe von einer Verschlechterung aus (Frühjahr 2022: 16,3 %).

Betriebe wollen trotzdem weiter einstellen

Im Widerspruch zu der pessimistischen Zukunftserwartung steht allerdings, dass 22,6 Prozent der Befragten aus Bayern für die kommenden sechs Monate von steigenden Mitarbeiterzahlen ausgehen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die Betriebe trotz der gefühlten Unsicherheit doch weiterhin mit starker oder sogar zunehmender Nachfrage rechnen.

Dass bei den Betrieben aller Bedenken zum Trotz die Weichen auf Wachstum gestellt sind, zeigt auch ein Blick auf die Beschäftigtenzahlen der vergangenen Monate, in denen die Folgen des Ukraine-Kriegs ja durchaus bereits spürbar waren. So konnte fast jedes fünfte E-Unternehmen zwischen Frühjahr und Herbst 2022 die Zahl seiner Mitarbeiter erhöhen (19,3  %).

Stundenverrechnungssätze steigen

65 Prozent der befragten bayerischen Betriebe haben ihre Stundenverrechnungssätze erhöht. So lagen z. B. die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze für Montagearbeiten bei privaten Auftraggebern bei 56,58 €/h (Frühjahr 2022: 54,07 €/h), bei gewerblichen Aufträgen bei 56,99 €/h (Frühjahr 2022: 52,86 €/h). Für Kundendienstarbeiten im Bereich Energie- / Gebäudetechnik wurden im Durchschnitt 59,50 €/h in Rechnung gestellt.

Als Hilfestellung zur Berechnung des Stundenverrechnungssatzes empfehlen wir unsere Kalkulatorischen Hinweise zu verwenden. Diese finden Sie auf unseren Internetseiten.

 

Betriebe besetzen verstärkt Wachstumsmärkte

 

Im Rahmen der Konjunkturumfrage wurden die Betriebe auch gefragt, inwieweit Erneuerbare Energien und Zukunftstechnologien wie Photovoltaik, Wärmepumpen oder auch Batteriespeicher und Elektromobilität eine Rolle spielen. Die Ergebnisse zeigen: E-Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt und neue Wachstumsmärkte im Visier.

Auf die Frage, wie wichtig sie es finden, das elektrohandwerkliche Betriebe vor dem Hintergrund von Energiewende und -krise Leistungen im Bereich „Photovoltaik“ (PV) anbieten, antworteten 93,3 Prozent der bayerischen Befragten mit „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Bei Ladeinfrastruktur (LIS) antworteten immerhin 87,8 Prozent mit „sehr wichtig“ oder „wichtig“, bei Wärmepumpen waren es 79,7 Prozent.

Neue Geschäftsfelder entwickeln sich

Ein Blick auf die Geschäftsfelder zeigt: Aktuell sind schon 89 Prozent der befragten bayerischen Betriebe im Bereich „Elektromobilität“ tätig.

Services rund um die Ladeinfrastruktur (LIS) wie deren Planung, Einbau oder auch die Wartung und der E-CHECK E-Mobilität sind damit fest in der Hand der E-Handwerke. Photovoltaik ist hingegen erst bei knapp über der Hälfte der befragten bayerischen E-Unternehmen ein Thema: 54,4 Prozent sind schon im Bereich „PV“ tätig, insbesondere dort, wo es um gebäudenahe Anlagen geht.

Noch ausbaufähig, aber im Kommen, sind Wärmepumpen. So gab immerhin ein Drittel (29,9 %) der bayerischen Teilnehmer/-innen an der Umfrage an, auch Wärmepumpen zu installieren.

Das wachsende Engagement in den neuen Wachstumsmärkten spiegelt sich auch in der Entwicklung der Umsatzanteile wider. In allen drei Bereichen – PV, Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur (LIS) – stiegen die in diesen Bereichen generierten Umsätze.

Services rund um PV-Anlagen machen mittlerweile 3,9 Prozent des Umsatzes der befragten bayerischen Betriebe aus, bei den Wärmepumpen sind es 1,8 Prozent und im Bereich „LIS“ gehen stattliche 5,4 Prozent des Umsatzes auf das Konto von Dienstleistungen rund um die E-Mobilität (Frühjahr 2022: 5,1 %).

 

Fazit:

Die aktuelle Umfrage zeigt, dass der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen sowie die steigende Inflation bislang nur sehr geringe Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der bayerischen Innungsbetriebe haben.

Die E-Handwerke erweisen sich, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, einmal mehr als relativ krisenfest. Das hat auch damit zu tun, dass den E-Handwerken mit der fortschreitenden Elektrifizierung, mit Energiewende und Digitalisierung eine hohe Bedeutung zukommt und dass das Aufgabenspektrum der Betriebe wächst.

Sie zeigt außerdem, dass die Betriebe – trotz voller Auftragsbücher und Fachkräftemangels – den neuen Klimatechnologien gegenüber sehr aufgeschlossen sind und sich zunehmend in diesen zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern engagieren und bestätigt, dass die E-Handwerker voll hinter der Energie, Verkehrs- und Wärmewende stehen, diese tatkräftig unterstützen und somit einen wichtigen Beitrag als Klimaschützer und Fortschrittmacher leisten.

 
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