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150 Jahre Bechert in Bayreuth

Bayreuth, Freitag, 2. Dezember 1870:

Auf der Titelseite des Bayreuther Tagblatts geht es um die Schlacht von Amiens im Deutsch-Französischen Krieg. Hinten eine kleine Anzeige – Friedrich Bechert eröffnet eine Flaschnerei an der Kasernbrücke, nahe des heutigen Luitpoldplatzes. Darin bringt er dies „dem verehrlichen Publikum zur Kenntnis“ und empfiehlt seine Waren und Dienstleistungen „zur gefälligen Abnahme“ – so wurde das vor 150 Jahren formuliert.

Seitdem hat sich viel verändert, doch die Firma Bechert gibt es immer noch, auch wenn sie einiges durchgemacht hat – neben zwei Weltkriegen auch eine Insolvenz.

Heute steht sie mit gut 120 Mitarbeitern gesund da, betont Geschäftsführer Erich Goldammer.

Es waren kleine Anfänge. In seiner Anzeige bot Friedrich Bechert „alle Sorten Petroleum-Lampen, dazu Petroleum- und Flaschenzüge, alle Arten lackierte Blechwaren sowie verzinnte, schwarz- und weißblecherne Waren“ an. Außerdem Bau- und Ofenarbeiten sowie Reparaturen und sicherte „solide Arbeit“ bei „prompter und billiger Bedienung zu“. Und hat sich damit offensichtlich etabliert. Denn 1914 übergibt er den Betrieb an seinen Sohn Hans, der ihn um die Abteilungen Elektro sowie Gas- und Wasserinstallation erweitert und so in die heutige Richtung lenkt. Und die erste große Krise meistert, als er die Firma nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen mit seinem Sohn August in einer Baracke am Luitpoldplatz wieder aufbaut.

Deutlich größer wird das Unternehmen in den 60er-Jahren, nachdem es der langjährige Mitarbeiter Rudolf Hofmann übernommen hat, zu dem später Dietmar Weber als geschäftsführender Gesellschafter stößt. Der erweitert 1990 um Heizung/Lüftung. Da ist Erich Goldammer schon im Betrieb, den er 2004 übernimmt – rascher als geplant, nach dem überraschenden Tod des Hauptgesellschafters.

Damals brummt das Geschäft, viel wird nach der Wende in den neuen Bundesländern gearbeitet. Außerdem wagt man sich mehr und mehr ins Projektgeschäft mit Generalunternehmern. Die Zahl der Mitarbeiter steigt auf über 300, die Projekte werden immer größer. Was der Firma schließlich zum Verhängnis wird. Zahlungen aus einem 12,5-Millionen-Auftrag bleiben aus, so Goldammer.

Die Bechert GmbH und Co. KG muss 2008 Insolvenz anmelden.

Mit zunächst 55 Mitarbeitern wird die Bechert Technik & Service GmbH gegründet. Mit tatkräftiger Mithilfe der Mistelgauer Unternehmerfamilie Herrmannsdörfer und deren Hermos AG, die zunächst 60 Prozent der Bechert-Anteile hält und so für Vertrauen sorgt. Vor zwei Jahren gingen diese Anteile dann wieder an die Familie zurück und werden heute von Goldammers Frau und Mit-Geschäftsführerin Anja gehalten.

 
 

Die Insolvenz nennt Erich Goldammer „eine Katastrophe, aus der wir unsere Lehren gezogen haben“. Dass Bechert heute wieder 123 Beschäftigte hat, nennt er „Wachstum ja, aber nicht um jeden Preis“. Die Jahresleistung liege heute bei elf bis zwölf Millionen Euro im Jahr – also weniger als der 2008 geplatzte Großauftrag allein. Heute kommen rund 50 Prozent der Erlöse aus dem Privatkunden-Geschäft mit Elektro, Heizung und Sanitär, das Goldammer weiter ausbauen will. Auch im Projektgeschäft ist Bechert wieder unterwegs, aber in anderen Dimensionen. 500 000 Euro soll ein Einzelauftrag nicht überschreiten, dann sei das Risiko überschaubar.

Die Auftragslage ist gut, reicht in Teilbereichen bis Mitte 2021. „Ein harter Lockdown würde uns natürlich auch treffen“, sagt Erich Goldammer: „Aber wenn es etwas weniger würde, kämen wir nur in den Normalzustand.“ Den einen oder anderen Auftrag müsse man sogar ablehnen, wenn er sofort erledigt werden muss: „Wobei ein Notdienst immer gewährleistet ist.“

Dass das 150-jährige Jubiläum wegen Corona nicht gebührend gefeiert werden kann, bedauert Goldammer. „Das lässt sich aber nachholen“, sagt er.

Ständig müsse aber daran gearbeitet werden, dass es auch weitere Jubiläen gibt. Zum einen, indem das Unternehmen rund 18 Auszubildende hat, die stets sehr gute Chancen auf eine Übernahme haben. Und indem die Führungsebene zukunftsfest gemacht wird. Zwar will Goldammer mit seinen 55 Jahren nicht morgen aufhören, wie er lächelnd sagt. Dennoch sollen Stephan Sorger und Ronny Mielke, die technischen Leiter Elektro sowie Heizung/Sanitär, demnächst Prokura bekommen und sich als zweite Führungsebene etablieren.

 
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